Cinema Paradiso

Bevor die Welt und natürlich auch Ecuador auf "wegen WM zu" umschalten, noch ein letzter Post.

Ich springe etwas spät auf den bereits stark abgebremsten Dawintschikoot Zug auf und schreibe hier was übers Kino.

Eher unbekannt ist, dass Ecuador neben allen anderen Highlights & Superlativen die es zu bieten hat (Welthöchste Artendichte, Welthöchster aktiver Vulkan, Weltgrösster Bananenproduzent, Weltgrösster Rosenproduzent, Weltweitwegster Punkt vom Erdmittelpunkt, Weltweiteinzigartiges Galapagos, und vieles mehr) auch ein absolutes Cineastenparadies war, ist und sein wird, mindestens verglichen mit der Schweiz.

Wie andernorts auch, haben die Land- und Altstadtkinos einen eher schweren Stand. Diejenigen, welche damals Betamax grad noch knapp überstanden haben, haben nun in den letzten Jahren dank DVD den Schirm zugemacht. Immerhin das grossartige Teatro Bolivar in Quito wurde als Studiokino wiedereröffnet. Die Immobilien wurden entweder von Bingo-Hallen oder von den verschiedensten kleineren Sekten - welche sich nicht wie die zeugenden Jhvs und die letzten heiligen vom Salzsee (oder so ähnlich) Luxustempel in jedem Kaff leisten können - in Beschlag genommen. Ebenso vorbei ist die gute alte Double-Feature Zeit (Im Oro-Cine Machala gabs noch Double-Feature bis ins 21.Jh.; in der Zwischenzeit wird dort aber auch gebetet).

Quito und Guayaquil hingegen haben kinomässig einiges zu bieten, neben jeweils circa 7 Multiplexkästen à 10 Sälen auch einige Studiokinos mit regelmässigen Festivals. Ok, das hats in der Schweiz auch, was also soll so paradiesisch sein bitte?:
- Alle Säle (also nicht nur Saal 1 & 2 und der Rest sind bessere Wohnzimmer) haben Grossleinwand (Metropol+) und Superduperquadrophonie.
- Alle Filme werden im Original (mit spanischen Untertiteln) gezeigt.
- Alle Filme werden ohne Pause am Stück gezeigt.

Seit wir uns in Guayaquil niedergelassen haben, hatten wir ein Luis Buñuel Festival, ein Dokukinofestival, ein Eurokinofestival und momentan ein AlsdieBilderlaufenlernten Festival!

Also eigentlich wunderbar, habs leider bisher noch nicht so richtig ausgenutzt und neben ein paar Hollywoodstreifen nur eine andere Produktion gesehen, einen sehr guten ecuadorianischen Dokumentarfilm über Jose Maria Velasco Ibarra(1893-1979), damit wären wir bei einem Thema für einen eigenen mehrseitigen Post angelangt. Velasco war zwischen 1934 und 1972 fünfmal (5, Five, Cinco!) gewählter Präsident Ecuadors, hat jedoch nur eine (die 3te) der 5 Amtszeiten regulär beendet oder "überlebt" und war zwischendurch mindestens 3mal im Exil. Momentan befinden sich übrigens auch mindestens 2 Expräsidenten und mehrere Ex-Vizes im Exil...das ist Ecuador.

Halbwegs aktuelle Filmtips Ecuador:
- Ratas, Rateros, Ratones - Drama, empfehlenswert
- Proof of life - In Ecuador gedrehter Actionstreifen, für Heimwehecuadorianer, viele tolle Ansichten in und um Quito, am besten Ton auf Mute und nur schauen :-)
- Master & Commander - Nochmals Russel Crowe in Ecuador, diesmal auf den Galapagos
- The Dancer Upstairs - Sehr schöner Film, geht eigentlich um Peru (Abimael Guzman etc...), aber viele Szenen in Quito und andernorts in Ecuador gedreht.

All available on DVD und beim Esel.


PS: Den Code hab' ich in Quito gesehen. Spart euch den Batzen. Muss ein Riesenaufwand gewesen sein, aus einer an sich spannenden Story so 'nen schlechten Film zu machen. Wie man weiss, bin ich bezüglich Filmqualität eher anspruchslos - Lieblingsfilm: Vanishing Point :-) - und sogar ich fand dies ein wirklich schlechtes Machwerk, unter anderem auch wegen der Schauspieler. J.R. taugt einfach zu nichts anderem als zum saubermachen. Und aus unerfindlichen Gründen treten als eine Art Running-Gag in jeder 2ten Szene Forrest Gump und Gandalf auf, was soll denn das? Fehlt nur noch, dass Sophie von Zyklop-Aliens entführt wird...

PPS: Dank Dawintschikoot hats uns immerhin 'ne interessante mehrseitige Werbebeilage in die Tageszeitungen geschneit. Herausgegeben von der Ecuadorianischen Bischofskonferenz - unter anderem der Erzbischof von Guayaquil ist bekennendes Vereinsmitglied - mit interessanten Ausführungen zum Code und zum Judas Evangelium. Ich nehme mal an, so 'ne 12-seitige Werbebeilage kostet doch noch 'ne Stange Geld - hätte man als gemeinnützige Organisation allenfalls schlauer einsetzten können.